Manche Dinge brauchen einfach etwas länger. Unsere Session Kurse online verkaufen wollten wir eigentlich schon im Juni beim WordCamp Köln 2015 anbieten. Aus Gründen hat das nicht so recht klappen wollen – und so ist es nun eine Session beim #barcampkoeln geworden*. Dies passte umso besser, als Daniel Bär seine Session zum Thema Woocommerce, die er bereits beim WordCamp gehalten hatte, wiederholen wollte. Da wir dieses Online-Shop System auch für unseren Kursverkauf nutzen, machte es ganz viel Sinn, unsere Sessions nacheinander anzubieten: erst Daniel eher allgemein, dann wir eher speziell.
Für alle, die nicht dabei sein konnten oder noch einmal nachlesen möchten, was wir Schönes zu erzählen hatten, hier nun also unsere Session als Blogbeitrag.
Wie alles begann
Absicht unserer Session war der Erfahrungsaustausch, und einen Austausch beginnt man am besten damit, erst einmal selbst etwas zu geben. Also haben wir von unseren Erfahrungen erzählt, die damit begannen, dass wir zu Beginn sehr naiv gedacht hatten:
- Kurse sind doch keine Produkte!
- deshalb ist kein Online-Shop nötig!
Den Vertrieb über Anbieter wie Eventbrite oder Amiando etc. zu realisieren war für uns übrigens keine Option. Für kommerzielle Anbieter sind beide natürlich nicht kostenfrei. Bei Stornierungen dauert die Rückbuchung gezahlter Anmeldegebühren relativ lange. Und letztlich scheuten wir die Abhängigkeit von einem Drittanbieter.
Events Made Easy
Dann doch lieber selbst Hand anlegen. Der Tipp eines Bekannten ließ uns starten mit Events Made Easy. Dieses Plugin für WordPress stammt von einem belgischen Entwickler. Es braucht schon etwas, sich in die Konzeption und das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten und Möglichkeiten dieses komplexen Plugins hineinzudenken. Hat man das aber einmal verstanden, ist Events Made Easy eine wirklich tolle und dank einer Vielzahl an Shortcodes vor allem flexible Lösung, Events (und damit auch regelmäßig stattfindende Kurse und Workshops) auf der eigenen Website anzubieten.
Die Arbeit mit diesem Plugin hat uns für die eigene Konzeption extrem gut weitergeholfen, und so kamen hier die ersten wesentlichen Erkenntnisse:
- Kursbeschreibung und deren einzelne Termine voneinander trennen: Kurs A hat 10 Termine im Jahr, aber immer denselben Inhalt. 10mal denselben Inhalt ausgeben = 10mal gleicher Content. Das wäre weder für Nutzer noch für Suchmaschinen hilfreich.
- Bezahlsystem: nur Rechnung/Vorkasse. Paypal = Anbieter-Kosten, außerdem potentiell die Notwendigkeit für Teilnehmer, dort erst einmal ein Konto zu eröffnen.
- Vergangene Termine nicht mehr ausgegeben. Im Juni noch Mai-Termine anzubieten wäre schlicht blödsinnig.
- Wegen Vorkasse und Raumplanung darf die Buchung nur bis 7 Tage vor Termin möglich sein. Der einzelne Termin sollte also bereits 7 Tage vorher gar nicht mehr ausgegeben werden.
Rechtliches
Events Made Easy bringt für diese Wunschliste alle Optionen mit und ist deshalb ein ganz feines Plugin. Die Sache hat nur einen Haken: Reicht das Anmelde-Vorgehen für den Online-Verkauf in Deutschland? Letztlich läuft es bei Events Made Easy darauf hinaus, dass Kunden ihre verbindliche und kostenpflichtige Teilnahme über einen Anmelde-Button auslösen – ohne zum Beispiel vorher über AGB, Datenschutz und Widerrufsrecht aufgeklärt worden zu sein.
Ein Blick in Artikel 246a Einführungsgesetz BGB (dessen Titel allein schon viel über die Komplexität seines Inhaltes verrät: Informationspflichten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen) machte uns schließlich deutlich, dass die Dinge vielleicht doch ein bisschen anspruchsvoller sind. Die aus diesem Gesetz resultierenden nötigen Modifikationen selbst vorzunehmen, sprich: das Plugin zu erweitern, erwies sich dann als eine für uns leider nicht erfüllbare Aufgabe. Also mussten wir uns von Events Made Easy verabschieden – wenn auch mit einem weinenden Auge.
Wir brauchen einen Online-Shop!
Artikel 246a EGBGB ist ein sehr langer Artikel. In sich trägt er aber quasi auch eine Art Kurzform, und die benennt folgende 5 Punkte als obligatorische Angaben für den Verkauf fern von Geschäftsräumen:
- die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen,
- die Identität des Unternehmers,
- den Gesamtpreis oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung,
- gegebenenfalls das Bestehen eines Widerrufsrechts und
- gegebenenfalls die Vertragslaufzeit und die Bedingungen für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses.
Wie gesagt: Dies ist nur ein Ausschnitt der zahlreichen Vorgaben. Letztlich wurde uns bewusst, dass wir – auch wenn wir keine Produkte im klassischen Sinne verkaufen wollen – einen Online-Shop einrichten müssen, um den gesetzlichen Bestimmungen und damit auch unseren Kunden gerecht werden zu können. Nur welche Art von Online-Shop soll das sein, der dem deutschen Recht entspricht und bestenfalls auf den ersten Blick gar nicht aussieht wie ein Shop?
wpShopGermany
Unsere Recherchen führten uns zu wpShopGermany, einem Plugin für WordPress des Anbieters Männchen 1. Wenngleich etwas irritiert von diesem Namen wussten wir die Möglichkeit, dieses Bezahl-Plugin erst einmal 14 Tage lang testen zu können, sehr zu schätzen. wpShopGermany setzt sich aus mehreren Modulen zusammen, so die Module Rechnungen und Gutscheine. Ein Modul Events hingegen gab es nicht.
14 intensive Tage mit dem Männchen 1 brachten uns neue wichtige Erkenntnisse, so vor allem:
- Online-Shop als solches ist für uns auch nicht die Lösung. Kurse sind eben keine T-Shirts, die man in unterschiedlichen Größen und Farben verkaufen möchte und die bis zum Ausverkauf im Shop angeboten werden.
- Bei Gutscheinen schwierig: Gutscheine sollte man nicht mit Gutschein-Codes bezahlen können.
- Rechnungen sollten nicht auf dem Server gespeichert sein – aus Gründen der Datensicherheit ist ein anderes Verfahren nötig.
Wieder um einiges schlauer wurde uns umso deutlicher, dass wir wahrscheinlich keinen Plugin-Anbieter finden werden, der alle unsere Wünsche erfüllt. Für eine derartige Lösung wären wir sicher bereit gewesen zu bezahlen. Zu bezahlen und die wesentlichen Probleme selbst zu lösen war für uns aber keine Option.
Wenn man aber schon viele Wünsche hat, gilt es Prioritäten zu setzen. Was ist wichtiger: Komfortabel Events anlegen zu können, dafür aber keine an das deutsche Recht angepasste Verkaufsoption zu haben? Oder besser einen Shop mit den entsprechenden Anpassungen an das deutsche Recht zu benutzen und selbst eine Lösung für die Events zu finden? Wir entschieden uns für letzteres und damit für Woocommerce.
Woocommerce
Der amerikanische Plugin-Anbieter berücksichtigt natürlich nicht die deutschen Gepflogenheiten. Aber es gibt deutsche Entwickler, die diese als Zusatz-Plugin anbieten. Woocommerce als solches ist ein kostenfreies Plugin für WordPress und so aufgebaut, dass Entwickler an die Funktionalität ansetzen und durch eigene Bausteine das Gesamtsystem erweitern können.
Woocommerce + German Market
Woocommerce German Market ist ein solches Zusatz-Plugin und gerne hätten wir das Angebot genutzt – wenn wir es vorher hätten testen können. Als Bezahl-Plugin bietet es aber leider keine Testphase an. Auf Basis der bisher gemachten Erfahrungen war uns bewusst, dass wir diese Testphase aber brauchen und uns Demo-Websites nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob wir mit unseren speziellen Anforderungen hier an der richtigen Stelle angekommen sind. Woocommerce German Market ist bestimmt eine sehr gute Lösung – ob es für uns die richtige Lösung gewesen wäre, können wir nur mangels Test leider nicht sagen.
Woocommerce + Vertrieb im Netz
Bei den Recherchen stießen wir auf Vertrieb im Netz, dessen Entwickler sich auch viele Gedanken über entsprechende Modifikationen des Woocommerce Shop Systems gemacht hat und entsprechende Lösungen anbietet. Uns erschien sein Vorgehen schlüssig und hilfreich, und wir wären auch bereit gewesen, hierfür Geld auf den Tisch zu legen. Doch das scheiterte zum einen an seinem Lizenzmodell. Zum anderen erschien Woocommerced Germanized auf der Bildfläche.
Woocommerce + Germanized + PDF Invoice and Packing Slips
Als Woocommerced Germanized erstmals im Plugin Verzeichnis von WordPress auftauchte, war es noch ein rein freies Angebot, das ausschließlich dazu diente, die Verkaufsoptionen von Woocommerce an deutsche Verhältnisse anzupassen. Mittlerweile hat es sich zu einem Freemium-Modell gemausert, das in seiner Bezahlversion unter anderem auch die Rechnungsstellung berücksichtigt. Wir benutzen es nachwievor in seiner freien Version und regeln die Rechnungen über das dritte Plugin PDF Invoice and Packing Slips. In dieser Konstellation ist hier von Events oder Kursen allerdings auch noch nicht die Rede. Dafür könnte man das Zusatzplugin WooEvents Pro hinzukaufen und nutzen. Oder man findet wie wir eine eigene Lösung.
Die drei Plugins ermöglichen schon mal sehr viel Wesentliches:
- Nutzung unterschiedlicher Bezahlsysteme. Für uns wesentlich der Verkauf ausschließlich per Vorkasse/Rechnung
- Generierung von Gutscheincodes, die auch für Rabatt-Aktionen genutzt werden können. Das Bezahlen von Gutscheinen mit Gutscheincodes kann unterbunden werden.
- Rechnungen werden auf dem Server generiert, aber nicht gespeichert. Dies dient der Datensicherheit. Erstellt werden sie auf unserem Briefpapier.
- Kundenkonto möglich, aber nicht nötig. Wer bei uns an einem Kurs teilnehmen möchte, muss dafür kein Konto anlegen.
- Germanized regelt:
- das Anerkennen von AGB, Datenschutz und Widerruf vor der kostenpflichtigen Buchung
- das Ausweisen der Kleinunternehmerregelung
- im Zweifel aber auch das Ausweisen der Mehrwertsteuer sowie der Auslandssteuer
- das Auszeichnen der Versandkosten (fällt in unserem Fall weg)
Was wir selbst realisiert haben:
- Kurstermine sind Produkte, Kursbeschreibungen sind Beiträge. Produkttitel beginnen mit dem Datum des Termins.
- Selbstgeschriebener Shortcode ruft Termine der jeweiligen Kategorie ab und stellt sie auf der Beitragsseite dar. Die Sortierung erfolgt nach dem grundlegenden WordPress-Prinzip des aktuellsten Beitrages zuoberst.
- Die Menge der verfügbaren Teilnehmerplätze regeln wir über den Lagerbestand.
- Termine (Produkte) geben wir nicht einzeln aus: Weiterleitung auf den jeweiligen Beitrag
- Das Plugin Post Expirator regelt das Verschwinden vergangener Termine zum gewünschten Zeitpunkt
- Zusätzlich zu der Mail, die die Buchungsbestätigung mitsamt Rechnung, AGB, Datenschutzerklärung und Widerrufsbelehrung verschickt, versenden wir das Widerufsformular als pdf.
- und vor allem: Unsere Website sieht nicht wie ein Shop aus!!!!!
Die Arbeit hört nie auf
Was lange währt, wird endlich gut. Das empfinden wir auch durchaus so. Doch die Arbeit hört nie auf. So gilt es natürlich, jedes Update einzuspielen. Und derer gibt es viele. Dabei hatten wir schon die Situation, dass durch die Änderungen einer einzigen Voreinstellung durch das Update keine Buchung mehr möglich war und wir das erst von Kunden erfahren mussten. Seither testen wir jedes Update erst einmal in einer eigens hierfür eingerichteten Testumgebung. Eine Maßnahme, die wir nur dringlich empfehlen können!
In der Session beim #barcampkoeln haben uns Teilnehmer einige wertvolle Hinweise und Tipps für die weitere Optimierung unserer Website mit Shop gegeben. Weitere Hinweise gerne als Kommentar zu diesem Beitrag! Umgekehrt helfen wir gerne weiter bei Fragestellungen rund um die Realisierung eigener Lösungen für Websites, die Kurse oder andere Events verkaufen wollen. Fragen kostet nichts, und vielleicht haben wir ja einen hilfreichen Tipp parat!
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* Barcamps sind themenoffene Un-Konferenzen, die erst zu Beginn des Tages von den Teilnehmern inhaltlich entwickelt und gestaltet werden. Einzelne Sessions können Vorträge, Workshops oder Diskussionsrunden sein.
Beitragsbild: Thorsten Schiller
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