Texten fürs Web – Session beim Literaturcamp Bonn

von

am

|

geschätzte Lesezeit:

8 Minuten

Disclaimer: Dieser Beitrag ist älter als zwei Jahre. Es könnte also sein, dass auch sein Inhalt in Teilen bereits veraltet ist.

Vergangenes Wochenende fand das erste Literaturcamp Bonn statt. Für dieses BarCamp hatte ich einen Vortrag zum Thema Texten fürs Web vorbereitet, den ich im Rahmen einer Session gehalten habe. Ziel meines Angebotes war es, das Plugin Yoast SEO als hilfreiche Weiterbildung verstehen zu lernen – und nicht etwa als persönlichen Affront aufzufassen. Denn dieses Missverstehen ist mir schon oft begegnet:

»Ich lass mir doch nicht von einer Software sagen, wie ich schreiben soll!«

Das habe auch ich selbst mal gedacht. Doch dann kam der Zweifel auf, der sagte: »Wer glaubst du zu sein, dass du nicht mehr dazulernen könntest?« Also habe ich mich mit der Thematik auseinandergesetzt. Meine Session handelte von meinen Erkenntnissen und bot einige Tipps.

Texten fürs Web: Session beim #litcampbn17

Onlinetexte wollen gefunden werden

Die Ausgangsthese meiner Session war ganz einfach: Was nützt der beste Text, wenn ihn keiner findet? Zu oft schon gehört: »Meine Kunden nutzen das Internet gar nicht!« Mag sein. Vielleicht ist es aber auch eher so, dass die Website schlecht aufgebaut ist und die Texte nichtssagend sind. Also liefern die Suchmaschinen sie an derart schlechter Position aus, sodass potentielle Kunden sie gar nicht sehen. Wozu dann aber die ganze Mühe?

Grundsätzlich ist es schon mal erfreulich, dass Google zunehmend in der Lage ist, informative, mehrwertige und sprachlich korrekte Texte zu erkennen. Gerade für Blogger ist das mal eine gute Nachricht. Informativ, mehrwertig und sprachlich korrekt sollten Blogbeiträge ohnehin sein. Und dies nicht, weil Suchmaschinen sich das wünschen, sondern weil unsere Leser dies verdienen. Wer dann auch noch eine Handvoll Regeln beachtet, steigert im Laufe der Zeit die Chancen, dass Google die Website als solche gut bewertet. Das Ganze hat dann auch nichts mit Strategien zu tun, die vielleicht schnell klebrig wirken.

Gute Helferlein

WordPress und das aktive Theme sorgen für die saubere Grundstruktur der Website. Eine ganze Menge Kriterien sind hier bedeutsam, so zum Beispiel die saubere Auszeichnung der einzelnen HTML-Elemente wie die der Überschriften. Ebenso grundsätzlich wichtig ist die Trennung von Struktur und Formatierung. Als immer bedeutsamer hat sich die mobile Darstellung entwickelt. Und auch die Frage nach der Geschwindigkeit, mit der die Website ausgeliefert wird, ist zunehmend von zentraler Bedeutung. Lange warten will heutzutage keiner mehr.

Hier geht es jetzt aber um gute Texte. Das Helferlein meiner Wahl für gute Onlinetexte heißt Yoast SEO. Das Plugin bewertet jeden Text auf Basis eines sogenannten Fokus-Keywords. Es bewertet aber auch die Lesbarkeit anhand rein sprachlicher Kriterien.

Vor dem Texten fürs Web kommt die Keywordsuche

Texten im Web als Sketchnote von Sonja Graus, Foto: Sonja Graus
Texten im Web als Sketchnote. Das Keyword sollte allerdings mehrmals im Text vorkommen. Sketchnote + Foto: Sonja Graus

Jeder Text, also jeder Beitrag und jede Seite einer Website, hat ein eigenes Fokus-Keyword. Die Mehrfachnutzung ein und desselben Keywords für mehrere Beiträge oder Seiten würde dazu führen, mit sich selbst in Konkurrenz zu treten. Also sollte man sich vor dem Texten die Frage stellen:

Wie suchen Menschen nach dem Inhalt, den ich anbieten möchte?

Es gibt eine ganze Reihe Tools zur Keywordrecherche, die meisten sind jedoch kostenpflichtig oder erfordern zumindest ein Konto beim Anbieter. Dafür informieren sie über alternative Suchbegriffe, das Suchvolumen, die potentiellen Werbekosten und den Wettbewerb.

Ich will aber gar keine Werbung schalten, deshalb interessieren mich weder die potentiellen Kosten noch der Wettbewerb. Ich möchte doch eigentlich nur wissen, ob und wie Menschen nach meinem geplanten Inhalt suchen. Deshalb nutze ich ausschließlich das Autovervollständigen von Google.

Autovervollständigen

Googles Autovervollständigen bietet die Antwort auf drei zentrale Fragen:

  1. Ist der Suchbegriff überhaupt bekannt? Erst ab einem relevanten Suchvolumen vervollständigt Google die Anfrage.
  2. Wie genau ist der Wortlaut? Schreibweisen wie getrennt vs. zusammen oder die Reihenfolge bei Wortketten können für das Haupt-Keyword durchaus entscheidend sein.
  3. Passen die Sucherergebnisse zu meinem Thema? Sprich: Was schreibt die Konkurrenz? Und wie ich kann ich mich davon absetzen?

Ein Beispiel, bei dem sich das Keyword von selbst ergibt

Ein typischer Fall, bei dem sich das Keyword von selbst ergibt, ist die Rezension. Menschen suchen im Allgemeinen nach dem Titel des Werkes, manchmal auch in Kombination mit Autor/Regisseur/Künstler. Letzteres gilt vor allem bei wenig originellen Titeln. Google wird an vorderster Stelle im Allgemeinen Online-Shops (allen voran Amazon) und bestenfalls den Verlag oder Vertrieb ausgeben. Dann folgen meist die Rezensionen, vor allem die großer Informationsanbieter.

Im Beispiel »Die drei Sonnen«, einem chinesischen Science Fiction von Cixin Liu, wäre das Keyword also schlicht »Die drei Sonnen«. Die Trefferliste ist beachtlich, alles von Rang und Namen hat bereits darüber geschrieben. Die Wahrscheinlichkeit, dass meine Rezension auf dem Kulturblog Fischpott auf Seite 1 landet, ist also gleich null. Schließlich bewertet Google nicht nur den einzelnen Text, sondern sieht ihn im Kontext der Website, die mit anderen konkurriert. Ginge es dem Fischpott nur darum, immer ganz vorne mitzuspielen, dürften wir uns solchen Themen also gar nicht widmen. So ticken wir aber nicht. Unsere regelmäßigen Leser freut das.

Onlinetexte brauchen Struktur

Texte fürs Web brauchen nicht nur Struktur, weil ein Plugin oder die Suchmaschinen das so schön finden. Vor allem brauchen sie Struktur, damit Menschen sie leichter lesen können. Auf diesen Aspekt bin ich bereits in einem früheren Beitrag ausführlich eingegangen: Wenig ist in Sachen Text abstoßender als eine Bleiwüste, in der das Auge den Überblick verliert. Allein deshalb ist es essentiell, die Möglichkeit von Absätzen zu nutzen. Auch Zitate sind sinnvoll. Für andere Textformen als ausgerechnet die der Rezension sind auch Auflistungen oder Aufzählungen hilfreich. Auf jeden Fall sollten Sie Zwischenüberschriften nutzen.

Yoast SEO-Bewertung

Diese Elemente erkennt auch das Plugin Yoast SEO und zieht sie zur SEO-Bewertung heran. Dafür braucht es als Grundlage das Fokus-Keyword. Nachdem Sie das in der Yoast Metabox, die auf der Beitragsbearbeitung unterhalb des Textfeldes erscheint, vergeben haben, sollten Sie es auch im Beitrag benutzen, und zwar in in folgenden Zusammenhängen:

  • Beitragstitel
  • SEO Titel (kann von Beitragstitel abweichen, sollte nicht zu lang oder kurz sein)
  • Meta Beschreibung (auch hier: Zeichenlänge ausnutzen)
  • alt-Attribut des Beitragsbildes
  • erster Absatz
  • Zwischenüberschrift(en)
  • sowie einige (relativ wenige) Male im Text

Insgesamt sollte die Textlänge mindestens 300 Wörter umfassen und zudem über Hyperlinks verfügen, die nicht auf Werbeangebote verweisen.

Yoast Bewertung der Lesbarkeit

Neben den SEO-Kriterien bewertet das Plugin auch die Lesbarkeit des Textes. Spätestens damit trifft es dann auf die Befindlichkeiten von uns Autoren. Dabei bewerten die Kriterien nicht den Inhalt des Textes. Oder gar die vertretene Meinung. Es sind vielmehr rein sprachliche Aspekte, die hier zur Diskussion stehen. Lesbarkeit heißt vor allem: Hat der Text Struktur? Und: Wie gut fließt der Text?

Einige der hier angeführten Kriterien sind leicht umzusetzen. Im Prinzip kennen wir sie auch schon zur Genüge: Bandwurmsätze und allzu verschachtelte Satzkonstruktionen sind bei Texten fürs Web nicht zielführend. Deshalb müssen die Sätze nicht gleich ausschließlich dem Muster »Subjekt Prädikat Objekt« folgen. Es gilt:

  • möglichst wenig lange Sätze. Konkret sollten maximal 25 Prozent aller Sätze mehr als 20 Wörter umfassen.
  • wenig lange Worte verwenden, wobei lang bedeutet, dass das einzelne Wort aus mehr als zwei Silben besteht. Gerade im Deutschen nicht immer leicht, aber machbar.
  • wenn möglich, wenig indirekte Rede

Übergangswörter sorgen für Textfluss

Das in meinen Augen wichtigste Kriterium ist allerdings das der sogenannten Übergangswörter, auf die ich hier schon ausführlich eingegangen bin. Die haben mir am meisten Kopfzerbrechen bereitet, haben mir aber auch die größte Erkenntnis geliefert: Neben den neben- und unterordnenden Konjunktionen, den sogenannten Numeralen und einigen wenigen Präpositionen sind es vor allem die sogenannten Konjunktionaladverbien, die für Textfluss sorgen.

Zeit meines Lebens rede ich nun schon über Textfluss. Das Dumme an meiner Rede war allerdings, dass es mir damit so ähnlich ging wie all jenen, die Kommata nach Gefühl setzen. Sprich: Mir fehlte das messbare Kriterium. Ich konnte nach Gefühl sagen, dass ein Text gut fließt. Allein hätte ich nicht benennen können, warum.

Die inhaltliche Idee bei der Frage nach dem Textfluss ist jedenfalls folgende: Mit jedem Absatz sollte ein Gedanke beginnen, den Sie in der Folge erkennbar fortführen. Übergangswörter markieren die Qualität dieser Fortführung: Sie reihen einen Gedanken an den nächsten oder grenzen den neuen vom alten ab. Vielleicht dienen sie aber auch der Erläuterung oder benennen Bedingungen. So oder so schaffen Sie einen Fluss bei Texten fürs Web, der von A nach B führt und dabei auch auf Nebenrouten hinweist. Mit dem nächsten Absatz folgt dann ein neuer Gedanke.

Ein Beispiel:

Rosalinde mag schnelle Autos, die rot sind. Aktuell kann sie sich jedoch gar kein Auto leisten. Sie ist nämlich arbeitslos. Deshalb reicht es nur für ein Fahrrad. Immerhin könnte dieses Fahrrad kaum roter sein. Wenn sie damit durch die Stadt fährt, schauen ihr alle hinterher. Sogar die Jungs von der Feuerwehr sind begeistert. Besonders einem hat sie es angetan. Zwar hat der selbst auch kein Auto, aber sehr schöne blaue Augen. Und so kommt es, dass Rosalinde demnächst heiraten wird.

Zur Hochzeit wünscht sich Rosalinde von ihrem Liebsten eine große Feier. Er kann sich allerdings nur eine kleine Party leisten. …

(Fast) alles grün!

In der Session habe ich anhand meiner Die drei Sonnen-Rezension gezeigt, dass es gar nicht so schwer ist, SEO-Bewertung und Lesbarkeit eines Textes zu verbessern. Allein das Hinzufügen eines Bildes, eine Zwischenüberschrift und eine Handvoll Übergangswörter haben dafür gesorgt, dass Yoast SEO fast alle Kriterien als gut bewertet. Sklavisch daran zu arbeiten, dass auch wirklich noch der letzte rote oder gelbe Punkt grün wird, kann in meinen Augen nicht das Ziel sein. Das Fokus-Keyword erscheint vermeintlich nicht oft genug im Text? Sie finden eine einfach keine 300 Wörter für Ihren Beitrag, der tatsächlich eine Kurzmitteilung ist? Der Flesh-Reading-Ease Test will Ihnen keine 60+ geben? So what! Wir wollen hier nicht zwanghaft werden.

Ohnehin wird Google nicht jeden Ihrer Beiträge nun an vorderster Front ausgeben. Die Erfahrung besagt aber, dass für eine Website, die bloggt und dabei die Regeln beachtet, die Chancen auf gute Position für einzelne Seiten und Beiträge in den Suchergebnissen erheblich steigen.


Beitragsbild: Britta Kretschmer, Sketchnote und Foto: Sonja Graus (Merci, Sonja!)

Eine Antwort zu „Texten fürs Web – Session beim Literaturcamp Bonn“

  1. […] Tatsächlich sind die Leserzahlen in den vergangene 50 Tagen nicht rasant gestiegen. Möglicherweise habe ich schlimmeres verhindern können. Aber wer weiß das schon, wenn so gut wie gar nicht kommentiert wird. Zu bloggen ist für mich wie lesen ist für mich wie atmen. Ich kann davon nicht ablassen. Daher war die Beschäftigung mit Yoast etwas, wo ich eigentlich nur gewinnen konnten — trotz des höheren Aufwands. Was man schon vor dem Schreiben eines Artikels alles zu berücksichtigen sollte, hat Britta ganz gut zusammengefasst. […]

Schreibe einen Kommentar

Die im Rahmen der Kommentare angegebenen Daten werden von mir dauerhaft gespeichert. Cookies speichere ich nicht. Für weitere Informationen siehe bitte meine Datenschutzerklärung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert